Grube Tannenberg

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Die Grube Tannenberg ist ein ehemaliges Zinnbergwerk im oberen Vogtland. Die Grube dient heute als Besucherbergwerk und liegt im Ortsteil Schneckenstein der Gemeinde Muldenhammer.

Lage der Grube Tannenberg

Geographische Lage der Grube Tannenberg

Das Abbaugebiet der Zinnerzlagerstätte Tannenberg liegt am Wanderweg von Mühlleithen zum Schneckenstein, ca. 650m nordwestlich des Kielgipfels. Das Abbau- und Erkundungsgebiet Himmelfahrt befindet sich unmittelbar am Gipfel des Kiel. Das Werksgelände Schneckenstein (1936 bis 1946) befindet sich im obersten Talstück des Bodabaches, ca. 600m nordöstlich des Schneckensteins (heutiges Schaubergwerk). Das Werksgelände Mühlleithen (1952 bis 1964) befindet sich im oberen Talstück des Steinbachs zwischen oberem und unterem Floßteich, ca. 500m westlich vom Loipen-Haus Mühlleithen.

Zechenhaus der Grube Tannenberg
Tannenbergstolln

Geologie der Lagerstätte

Die Zinnerzlagerstätte besteht aus zwei stockförmigen Greisenkörpern, die unmittelbar am Westrand des Eibenstocker Granits mit ihrer hangenden Fläche am Schieferkontakt anliegen, sonst aber rundum von Granit umgeben sind. Dabei fällt der Greisenkörper I unter ca. 40° nach Westen ein, hat eine Mächtigkeit von ca. 45m, und eine flache Höhe von ca. 220m. Der Greisenkörper II besitzt eine etwas geringere Mächtigkeit.[1]

Geschichtliche Entwicklung

1506 wird erstmals Bergbau auf Alter Tannenberg auf dem Tannenberg-Morgengang erwähnt.[2] Im 17. Jahrhundert wird eine Grube St. Michael am Tannenberg erwähnt. 1780 werden die Gruben Alter Tannenberg und Alter Schieferberg Schacht genannt. Im Bodatal wird im 17. und 18. Jahrhundert eine kleine (Zinn-?)lagerstätte durch den Auerbacher Comunstolln abgebaut. 1780 wird dieses Bergwerk Falkensteiner Comun- oder Tranksteuer Stolln genannt. 1864 wurden die Grubenfelder Grummetstock-Fundgrube und Glücksburg Gottes, Waidgrube bei Gottesberg, Alter Tannenberg am Kiel, Himmelfahrt Fundgrube und Drei Brüder Erbstolln am Tannenbach und Neue Christbescherung am Goldbach, als Himmelfahrt und Grummetstock Fundgrube vereinigt Feld bei Gottesberg vereint und an die Gebrüder von Arnim zu Planitz und Crossen verliehen.[3]

Grubenfelder in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

1903 wurde dieses Grubenfeld als Berggebäude Marie-Sophie an den Georgenthaler Fabrikanten Herold neu verliehen und 1909 nach Konkurs stillgelegt.[4] 1910 wurde Marie-Sophie gelöscht.[5] Der Gewerkschaft Saxonia-Bavaria in Geyer wurde im Jahr 1917 das Grubenfeld Tannenberg neu verliehen.[6] Die Gewerkschaft beauftragte die Studiengesellschaft für Bergbau- und Hüttenbetrieb mbH in Berlin mit der Betriebsaufnahme. Diese wältigte im Oktober 1918 den alten Falkensteiner Comun- oder Tranksteuerstolln auf und plante eine Neuauffahrung durch das Grubenfeld Edler von Trützschler. Im Juli 1919 wurde der Betrieb vorläufig eingestellt und eine Betriebsaussetzung bis 1923 genehmigt. 1925 wurden sämtliche Gruben an die Neue Sächsische Erzbergbau-Aktiengesellschaft zwangsversteigert, welche 1927 eine Erkundung auf den stillgelegten Bergwerken Tannenberg und Neue Christbescherung durch Tiefbohrungen durchführte. Mit der Bohrung I dieser Kampagne wurde unter die Tannenberg-Hauptpinge gebohrt und der Zinnstock in der Tiefe erkundet.[7][8] Im selben Jahr bekam die Gesellschaft die Genehmigung die mittlerweile vollständig erworbenen ehemaligen Grubenfelder von Marie-Sophie rücksichtlich der Belegschaft als ein Grubenfeld zu betrachten. Es kam zu einer erneuten Betriebsaussetzung bis April 1930.

1930 übernahm die Sächsisch-Böhmische Zinnbergbau-Aktiengesellschaft die Gruben, unternahm aber vermutlich keine nennenswerten Bergbauarbeiten, da dieser Gesellschaft bereits im Februar 1935 die Bergbaurechte wieder entzogen, und 1936 entgültig gelöscht wurden.[9][10] Noch im gleichen Jahr übernahm der sächsische Staat sämtliche Bergwerke, mutete Tannenberg erneut und begann die Wiederaufwältigung des alten Falkensteiner Comun- oder Tranksteuer Stolln. Die 1937 gegründete staatliche Sachsenerz Bergwerksgesellschaft mbH erweiterte das Profil des Stollens vom Mundloch aus auf ca. 100m auf einen größeren Querschnitt und fuhr von da an einen Neuvortrieb auf die Tannenberg-Lagerstätte.[11] Der Comunstolln (Tannenbergstolln) erreichte 1938 den Erzkörper. Über Tage wurden Sozialgebäude, Zechenhaus sowie eine moderne Erzaufbereitung errichtet. 1940 wurde von der Stolln-Sohle (835m) der über 90 Meter tiefe Blindschacht I geteuft und die 805m-Sohle, die 775m-Sohle und die 745m-Sohle aufgefahren. Im Oktober 1941 begann der Abbau des Greisenkörper I. Als Abbauverfahren wurde Rammelsberger Fließbau gewählt.[12]

Schnitt durch die Lagerstätte
ehem. Verwaltung Objekt 32
Datei:Tannenberg-gf.png
Grubenfeld 1964

1946 wurden die Übertageanlagen zusammen mit der Erzaufbereitung in sowjetisches Eigentum überführt und als Aufbereitungsobjekt 32 der Wismut AG zur chemischen Uranaufbereitungsanlage (Fabrik 60) umgebaut. Die Rückstandsschlämme (Tailings) der Fabrik 60 wurden in die industriellen Absetzanlagen I und II am nördlich gelegenen Bodahang gespült. Durch das Objekt 32 erfolgte von 1946 bis 1948 auch eine Uran-Erkundung in der Tannenberg-Lagerstätte und auf der Himmelfahrt-Fundgrube. Als Stolln 176 (Tannenbergstolln), Stolln 178 (Himmelfahrtstolln) und Schacht 177 (Blindschacht I) wurden die Anlagen im zentralen Schachtregister der Wismut AG eingetragen. Der zwischenzeitlich geringfügig betriebene Zinnerzabbau mußte, nach vollständiger Inbetriebnahme und damit verbundener Hermetisierung des Objektes 32, 1947 vollständig eingestellt werden, da sich das Mundloch des Comunstolln innerhalb dieser Anlage befand.

Werk Mühlleithen der Grube Tannenberg

[13]

Der VEB Wolfram-Zinnerzbetrieb Pechtelsgrün fuhr 1952 vom Steinbachtal bei Mühlleithen den 1,8 km langen Mühleithner Stolln (835m-Sohle) auf. Unmittelbar nach Wiederaufnahme des Abbaus kam es am 28. August 1954 zu einem schweren Unfall bei dem zwei Bergleute bei Beraubearbeiten von herabstürzenden Massen begraben wurden. Während ein Bergmann noch am Unfallort verstarb überlebte der zweite schwerverletzt. Als mitursächlich wurde das lange Offenstehen des Abbaus seit der vorübergehenden Betriebseinstellung 1947 ermittelt, in dessen Folge sich ein instabiler Krisenherd entlang einer Störung (Ruschel) entwickeln konnte. Umfangreiche zusätzliche Arbeitsschutzmaßnahmen waren die Folge und auch grundsätzlich wurde das Abbauverfahren in Frage gestellt. [14]

Von 1954 bis 1964 wurde die Lagerstätte komplett abgebaut. Dazu wurde auch der oberflächennahe Bereich des Pingengeländes von Übertage bis zur 865m-Sohle durch drei weitere Abbausohlen im 10m Abstand erschlossen. Die Erze wurden in der Erzwäsche Gottesberg aufbereitet.

Gegen Ende dieser letzten Betriebsperiode der Grube kam es zu einer umfangreichen unter- als auch übertägigen Zinnerkundung im gesamten Raum Gottesberg-Mühlleithen. Im Rahmen dieser Erkundung wurde auf der 775m-Sohle der Schneckensteinfelsen angefahren. Auf der 745m Sohle wurden mehrere Strecken nach Westen in den Kontaktschiefer gefahren und mehrere Erkundungsbohrungen niedergebracht. Insgesamt konnten, einschließlich der bereits abgebauten, 7 Greisenkörper festgestellt werden. Unter diesen befinden sich auch die Schneckensteinbrekzie selbst, wie auch die umgebenden Quarzporphyrschlote. Die meißten dieser Körper erwiesen sich aufgrund zu geringer Erzgehalte oder zu geringer Mächtigkeiten als nicht bauwürdig. Durch die Bohrungen unterhalb der 745m-Sohle konnte allerdings auch ein weiterer Erzkörper ähnlichen Ausmaßes wie die bereits abgebauten nachgewiesen werden. Ein Abbau erfolgte bis heute nicht.[1][15]

Nach dem vollständigen Abbau der Greisenkörper wurde der Grubenbetrieb 1964 eingestellt.

Im Oktober 1967 teufte die SDAG Wismut ca. 200m nordnordöstlich der Tannenberg Pinge den Schurf 25/67 ab und fuhr in 23m Tiefe Strecken mit einer Gesamtlänge von 83 Metern, parallel der alten Pingenzüge (NNW-SSE), auf. Der Zweck dieser Erkundung ist nicht bekannt. Mit dem Ende dieser Arbeiten im März 1968 wurde der Bergbau auf Tannenberg eingestellt.[16]

Nachnutzung der Grubenanlagen

Zechenhaus mit Gleisförderbrücke der Grube Tannenberg

Mühlleithen

Nach der Einstellung des Grubenbetriebs wurde noch im Jahr 1964 mit dem Umbau der Werksgebäude zum Wintersporttrainingszentrum begonnen. 1965 wurde dieses dem Ministerium für Staatssicherheit übereignet und noch im November desselben Jahres dem SC Dynamo Klingenthal übergeben.[16][17] Nach 1990 standen die Gebäude teilweise leer. Kurzzeitig wurden Teile als Disco genutzt. Gegenwärtig wird das Hauptgebäude als Hotel genutzt, weitere Gebäude beherbergen ein Begegnungszentrum.

Schneckenstein

Die Gebäude im Bereich des Tannenbergstolln wurden vom VEB Mansfeld Kombinat übernommen und bis 1990 als Ferienheim und Kinderferienlager betrieben. Danach verfielen diese Gebäude zusehends bis sie teilweise abgerissen und ein kleiner Teil (Zechenhaus) vom Besucherbergwerk übernommen wurden. Das ehemalige Verwaltungsgebäude des Objektes 32 übernahm der VEB Industriewerke Karl-Marx-Stadt als Ferienheim. Nach 1990 wurde das Gebäude als Asylheim genutzt. Seit 2005 beherbergt es das Vogtländisch-Böhmische Mineralienzentrum.[18] Die verbliebenen Gebäude der Aufbereitungsfabrik 60 übernahm der VEB Spezialski Klingenthal. Heute befindet sich in diesem Komplex eine Kunststoff- und Metallverarbeitungsfirma.

Weitung mit unterirdischem See

Besucherbergwerk

Anfang der 1990er Jahre gab es erste Bestrebungen der Landkreise Klingenthal und Auerbach, im Schneckensteingebiet ein Schaubergwerk zu errichten. Hierfür stand neben der Zinnerzgrube Tannenberg auch die noch aktive Schwerspatgrube Brunndöbra zur Auswahl. Im September 1993 wurde die Verwahrung des Comunstolln aufgebrochen und die Grube von Fachleuten und den damaligen vogtländischen Landräten befahren. In den folgenden Jahren wurde die Grube zum Besucherbergwerk ausgebaut und im Oktober 1996 für den Besucherverkehr freigegeben.

Seismologische Station

Seit Dezember 2000 betreibt das Sächsische Landesamt für Umwelt und Geologie, im Rahmen des Westsachsen-Netzes, die seismische Station Tannenbergsthal (TANN) auf der 835m-Sohle der Grube (836m ü. NN).[19]

Trivia

Auch untertägig verläuft durch das Bergwerk die erzgebirgische Hauptwasserscheide, da sich beide Stolln auf einer Sohle befinden und das Abbaugebiet im Gipfelbereich des Kiel liegt. So entwässert der Tannenbergstolln (Comunstolln) über die Boda und die Kleine Pyra in die Zwickauer Mulde, der Mühlleithener Stolln hingegen über den Steinbach, die Steindöbra, die Brunndöbra und die Zwota in die Eger.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Ludwig Baumann, Ewald Kuschka, Thomas Seifert: Lagerstätten des Erzgebirges. Enke, Stuttgart 2000, S. 256–262, ISBN 3-13-118281-4.
  2. Günter Freyer: Geologie des Vogtlandes. Plauen 1995, ISBN 3-928828-14-2.
  3. C. Menzel: Jahrbuch für den Berg- und Hütten-Mann auf das Jahr 1871. Königliche Bergakademie zu Freiberg, 1871. (Digitalisat)
  4. C. Menzel: Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen, Jahrgang 1904. Königliches Finanzministerium, Freiberg 1904. (Digitalisat)
  5. C. Menzel: Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen, Jahrgang 1911. Königliches Finanzministerium, Freiberg 1911. (Digitalisat)
  6. Chr. O. Hirsch: Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen in Sachsen, Jahrgang 1918. Finanzministerium Sachsen, Freiberg 1918. (Digitalisat)
  7. Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen in Sachsen, Jahrgang 1926. Sächsisches Oberbergamt, Freiberg 1926. (Digitalisat)
  8. Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen in Sachsen, Jahrgang 1927. Sächsisches Oberbergamt, Freiberg 1927. (Digitalisat)
  9. Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen in Sachsen, Jahrgang 1930. Sächsisches Oberbergamt, Freiberg 1930. (Digitalisat)
  10. Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen in Sachsen, Jahrgang 1936. Sächsisches Oberbergamt, Freiberg 1936. (Digitalisat)
  11. Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen in Sachsen, Jahrgang 1938. Sächsisches Oberbergamt, Freiberg 1938. (Digitalisat)
  12. Bergarchiv Freiberg 40105 – Sachsenerz Bergwerks GmbH/AG.
  13. Chronik der Wismut. Wismut GmbH, Chemnitz 1999, OCLC 84330928.
  14. Bergarchiv Freiberg 40072 – Bergbehörde Zwickau. (z. T. gesperrt)
  15. Günter Hösel, Gerhard Tischendorf, Jürgen Wasternack: Erläuterungen zur Karte "Mineralische Rohstoffe Erzgebirge-Vogtland/Krušné Hory 1:100000, Karte 2". Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Sächsisches Oberbergamt, Freiberg 1997, S. 29-30.
  16. 16,0 16,1 Bergarchiv Freiberg 40073 – Bergschadenkundliche Analysen Tannenberg-Mühlleithen.
  17. Monika Hessler: 25 Jahre SC Dynamo Klingenthal. In: Kulturbund der DDR (Hrsg.): Unser Vogtland. Jahrbuch 1983. Vogtländische Heimatblätter, Plauen, S. 31.
  18. Siegfried Gorny: Das Vogtländisch-Böhmische Mineralienzentrum Schneckenstein. In: Kulturbund Landesverband Sachsen e.V. (Hrsg.): Vogtländische Heimatblätter. Nr. 5/2006. Klaus Gumnior, S. 7.
  19. Stationen Sachsen-Netz Abgerufen am 12. November 2009.